Heidi Keller

…received a lifetime achievement award from the German Society for Psychology (Deutsche Gesellschaft f√ºr Psychologie)

Text of award:

Deutsche Gesellschaft für Psychologie (DGPs):
Ehrung für das Wissenschaftliche Lebenswerk von
Prof. Dr. Heidi Keller
im Rahmen des 49. DGPs-Kongresses am 22. September 2014 in Bochum

Laudatio für Heidi Keller

Mit Heidi Keller ehrt die Deutsche Gesellschaft für Psychologie eine Forscherin, deren wissenschaftliches Lebenswerk international große Sichtbarkeit erlangt hat. In ihren frühen Arbeiten widmete sie sich der Entwicklung des Neugierde- und Explorationsverhaltens, des Gedächtnisses und der Emotionsregulation bei Kindern sowie der frühen Eltern-Kind-Bindung, im Besonderen dem intuitiven Elternverhalten und der mütterlichen Sensitivität.

Heute verbindet sich mit dem Namen Heidi Keller vor allem die kulturvergleichende Perspektive, die sie ab Mitte der 80er Jahre konsequent verfolgt hat und mit der sie das viele Dekaden unangefochtene Denken in Frage gestellt hat, wonach die kindliche Entwicklung durch universell gültige Prinzipien hinreichend beschrieben werden kann. Das Zusammenspiel zwischen Biologie und Kultur thematisierend rekonstruierte Heidi Keller in ihrer Forschung die Kulturspezifik von Pfaden menschlicher Entwicklung, sichtbar in Unterschieden in der Abfolge und der Geschwindigkeit des Durchlaufens von Рdurch verschiedene Entwicklungsaufgaben geprägten РPhasen.

Heidi Keller studierte Psychologie in Mainz (Diplom 1970), wo sie 1975 auch promovierte. Die Habilitation folge im Jahre 1984, nachdem sie als Hochschulassistentin zun√§chst noch in Mainz und dann in Darmstadt t√§tig gewesen war. Seit 1984 ist sie Professorin f√ºr Psychologie (Fachgebiet Entwicklung und Kultur) an der Universit√§t Osnabr√ºck und seit 2008 Leiterin der Forschungsgruppe “Kultur, Lernen und Entwicklung” des Nieders√§chsischen Instituts f√ºr Fr√ºhkindliche Bildung und Entwicklung. Seit 1984 hat sie an unterschiedlichen Orten Gastprofessuren wahrgenommen: in Baroda (Indien), an der Universidad de Costa Rica in San Jos√©, wiederholt am National Institute of Health in Bethesda (Maryland), an der UCLA (California) und am Netherlands Institute for Advanced Study.

Mit der Untersuchung der kindlichen Entwicklung in ihrer Abh√§ngigkeit vom Kontext und in ihrer Situiertheit befand sich Heidi Keller lange im Kontrast zum vorherrschenden Zeitgeist, der bis in die sp√§ten 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts durch Bestrebungen charakterisiert war, immer kleinere, isolierte Funktionsbereiche der menschlichen Entwicklung zu untersuchen. W√§hrend Heidi Keller die Anerkennung f√ºr die ‚Äì mit ihrem Namen verbundene – Perspektive einer “kulturinformierten Entwicklungspsychologie” in Deutschland lange verwehrt blieb, verschaffte sie sich eben diese beim internationalen Fachpublikum mit ihrer Publikation Communication patterns in adult-infant interactions in Western and non-Western cultures im Jahre 1988 im Journal of Cross Cultural Psychology. Viele ihrer Arbeiten sind seither in international renommierten Fachzeitschriften mit hohen Impact-Faktoren erschienen, wie z.B. in Developmental Psychology, Monographs for Research in Child Development oder im International Journal of Behavioural Development. Heidi Kellers

internationale Reputation wird auch durch ihre Präsidentschaft in der International Association for Cross-Cultural Psychology (IACCP) (2008 – 2010) verdeutlicht.

Heidi Keller hat ma√ügeblich dazu beigetragen, dass die Beschreibung kindlicher Entwicklung im “kulturfreien Raum” heute als “ethnozentrische Perspektive” kritisiert und durch kulturvergleichende sowie evolutionspsychologisch ausgerichtete Studien erg√§nzt wird. M√∂glich wurde Heidi Keller diese Art der Forschung durch ein internationales Netz von Forschungskooperationen, das weit mehr als die √ºblichen L√§nder, in Europa und den USA, umspannt, n√§mlich afrikanische, zentralamerikanische L√§nder und indische Bundesstaaten einschlie√üt, die die Orte und Gegenst√§nde ihrer entwicklungspsychologischen Untersuchungen sind. Mit ihrer Forschung hat Heidi Keller nicht nur Br√ºcken zu anderen Entwicklungswissenschaften, wie z.B. der Verhaltensbiologie oder den Neurowissenschaften, geschlagen, sondern auch die Rezeption entwicklungspsychologischer Erkenntnisse in √ñffentlichkeit und Gesellschaft gef√∂rdert. So kann sie evidenzbasierte Politikberatung zu Fragen und Herausforderungen bieten, denen sich multikulturelle Gesellschaften gegen√ºbersehen; so z.B. zu der Frage, wie wir kulturspezifische Erfahrungen, die Kinder mit Migrationsgeschichte in die Kita oder Schule mitbringen, nutzen k√∂nnen, um ihre Entwicklung zu f√∂rdern.

Heidi Keller hat mit ihrer mutigen fr√ºhzeitigen Kombination von Entwicklungspsychologie und kulturvergleichender Psychologie die deutschsprachige und internationale Psychologie wesentlich beeinflusst und damit auch nachfolgende Generationen von Forscherinnen und Forschern – im Geiste einer “kulturinformierten Entwicklungspsychologie” – gepr√§gt. Die Deutsche Gesellschaft f√ºr Psychologie ehrt Heidi Keller f√ºr diese Leistungen mit dem Preis f√ºr das Wissenschaftliche Lebenswerk.

Über die Deutsche Gesellschaft für Psychologie e.V. (DGPs):

Die Deutsche Gesellschaft für Psychologie e.V. (DGPs) ist eine Vereinigung der in Forschung und Lehre tätigen Psychologinnen und Psychologen. Die über 3500 Mitglieder der DGPs erforschen das Erleben und Verhalten des Menschen. Sie publizieren, lehren und beziehen Stellung in der Welt der Universitäten, in der Forschung, der Politik und im Alltag. Die DGPs strebt die Förderung und Verbreitung der wissenschaftlichen Psychologie an.

Die Ehrung des Wissenschaftlichen Lebenswerks durch die DGPs:

Mit dieser Ehrung sollen angesehene Mitglieder der Deutschen Gesellschaft f√ºr Psychologie gew√ºrdigt werden, deren wissenschaftliches Werk und deren wissenschaftliche Aktivit√§ten Forschung und Lehre im Fach Psychologie √ºber einen langen Zeitraum hinweg nachhaltig beeinflusst haben und weiterhin noch beeinflussen. Die Bedeutung des wissenschaftlichen Lebenswerkes sollte sich unter anderem an dem Einfluss zeigen, den es auf die Wissenschaftler/innen der n√§chsten Generation hat. Weiter sollte das Werk f√ºr die Belange der √ñffentlichkeit und der Gesellschaft bedeutsam sein. Zugleich w√ºrdigt die Deutsche Gesellschaft f√ºr Psychologie damit die wissenschaftlichen Leistungen, die als Markierungspunkte in der Geschichte der Psychologie gelten k√∂nnen. 

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